von Michael Meinert
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9. Oktober 2025
26 Grad sind es, als wir ankommen. Die Sonne strahlt am wolkenlosen Himmel. Zuhause, in Deutschland, sind es neun Grad. Es regnet dort, verkündet uns die Wetter-App. Nach sieben Monaten sind wir endlich wieder auf Kreta, in Mirtos im Südosten, wo wir die drei letzten Winter verbracht haben. Diesmal wird es nicht so lang, dafür sind wir einen Monat früher da als sonst. Mirtos mit doch immer noch recht vielen Touristen, das mussten wir uns auch mal ansehen. Der Parkplatz am Ortseingang, wo sonst ein zwei Schrottkisten überwinterten, ist jetzt, Anfang Oktober, voller Autos. Alle Läden sind auf, alle Tavernen, Das hat Vorteile, aber wir müssen uns an die Szenerie gewöhnen. Im Winter hatten wir den Ort fast für uns. Diesmal haben wir nur ein Zimmer gemietet, etwas abseits, mit Blick aufs Meer. Eine kurze, irre steile Straße führt hinauf, aber unser kleines Mietauto schafft es ohne Murren. Unser eigenes Auto haben wir diesmal zuhause gelassen. Trauben und ein bisschen Griechisch Die Mutter des Vermieters begrüßt uns mit süßen Trauben und würzigen Keksen. Wie gut, dass ein bisschen was an Griechisch bei uns hängen geblieben ist. Kaum sind wir da, kommt eine Nachricht von Freunden aufs Handy. „Seid ihr schon da? Wir kamen gestern.“ Verbunden mit einer Einladung zu einer Geburtstagsfeier. Wir gehen runter ins Dorf. Immer wieder treffen wir Leute, die wir aus unseren Wintern kennen. Es ist ein bisschen wie nach Hause zu kommen. Viele Urlauber schlendern durch die engen Gassen und über die Promenade am Meer, Freizeitlook. Manche, besonders ältere Herren, zeigen dabei viel nackte Haut. Sie wären besser beraten, dies nicht zu tun. Am Strand sind jede Menge Liegestühle hingestellt und Schirme aufgepflanzt worden. Kein Vergleich mit den Ferienhochburgen, wo wirklich Massentourismus herrscht, aber für uns natürlich ungewohnt. Auf dem Meer tummeln sich sogar zwei drei Kitesurfer, auch ungewohnt, aber beeindruckend. Badewetter, das Meer ist noch warm. Im Februar oder März sieht das anders aus. Da konnte ich abends in der Taverne damit angeben, im Wasser gewesen zu sein. Mirtos im Wandel Jetzt, im Oktober, ist fast noch Saison. Die Preise für Apartments und Studios sind hoch, im Winter sieht das anders aus. Und es werden immer mehr Wohnungen zu Touristenunterkünften umgebaut. Die ursprünglichen Bewohner, Einheimische wie Ausländer, die schon lange hier leben, müssen sich eine andere Bleibe suchen. Keine gute Entwicklung, sagen sogar Leute, die ihr Geld mit dem Tourismus verdienen. Der Charakter, das Flair des Ortes verändert sich. Die Harmonie von authentischem Dorf und sanftem Tourismus schwindet, so die Befürchtung. Eine Bekannte aus Holland, eigentlich „Urgestein“ in Mirtos, ist in ein nicht weit entferntes Dörfchen in den Bergen gezogen, „Ich wohne jetzt in einem größeren Haus, es ist massiver gebaut, und es ist natürlich billiger.“ An unserem ersten Abend feiern wir Wiedersehen mit Freunden, die seit fünf Jahren in Mirtos wohnen. Ende des Monats verlassen sie Kreta, gehen zurück in die Schweiz. Es hat sich halt doch so einiges verändert, sagen sie. Irgendwann kommen sie wieder, denke ich. Ich sitze auf dem Balkon und schaue hinunter aufs Meer. Die ersten 100 Meter leuchtet es türkis, danach zeigt es sich in einem dunklen Blau. Weiße Schaumkrönchen verzieren die Wellen. Wie schön, wieder hier zu sein.